Jahreskonferenz der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit: foraus stellt Fragen zur Wirksamkeit

Entwicklungspolitik

Von Vera Eichenauer, Marco Faehndrich, Men-Andrin Meier, Pablo Padrutt, Maximilian Stern, Maria Barbara Stoll, Andreas Weber  – foraus wurde eingeladen, an der diesjährigen Jahreskonferenz der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) einen Denkanstoss zur Wirksamkeit der Entwicklungshilfe zu geben. Nach der Eröffnungsrede von Bundesrat Didier Burkhalter richtete sich foraus mit folgenden Fragen an das Konferenzpublikum:

  • Die heutige Jahreskonferenz der DEZA und des SECO steht ganz im Zeichen der Wirksamkeit unserer Entwicklungshilfe. Noch wichtiger als diese sogenannte Aid Effectiveness ist aus unserer Sicht die Wirkung der Gesamtheit der Schweizer Politik auf die Entwicklungschancen armer Länder. Überlegen wir uns die Auswirkungen unserer Handelspolitik, unserer Landwirtschaftspolitik, unserer Sicherheitspolitik und unserer Migrationspolitik auf Entwicklung? Mit anderen Worten, wie kommen wir von der Aid Effectiveness zur Development Effectiveness?
  • Staatliche Entwicklungsagenturen wollen und sollen gegenüber ihren Regierungen, ihren Parlamenten und gegenüber der Öffentlichkeit genauer Rechenschaft über den Einsatz ihrer Mittel ablegen. Genau das tun DEZA und SECO mit der heutigen Konferenz. Mindestens so wichtig wie Transparenz gegenüber Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in den Geberländern ist jedoch die Möglichkeit zur konkreten Einflussnahme für die Betroffenen in Entwicklungsländern: Die eigentlichen „Kundinnen und Kunden“ müssen mitentscheiden können. Wie verwirklicht die Entwicklungshilfe diese Rechenschafts-pflicht gegenüber Hilfsempfängern? Was tun bilaterale Entwicklungsagenturen für diese sogenannte Downward Accountability?
  • Die Paris Declaration on Aid Effectiveness betont, dass Koordination zwischen verschiedenen staatlichen und nichtstaatlichen Entwicklungsakteuren für die Wirkung der Entwicklungshilfe entscheidend ist. Das Potpourri an Hilfeleistern führt zu Doppelspurigkeiten und oft auch zu einer Überforderung der lokalen Regierungen. Die Schweiz ist international anerkannt für ihre Organisationsfähigkeit, beispielsweise auf unseren drei politischen Ebenen: Gemeinden, Kantone und Bund. Kann die Schweiz den Regierungen in Entwicklungsländern anbieten, sie in der Tradition unserer „guten Dienste“ bei der Koordination der zahlreichen Geberorganisationen zu unterstützen?
  • Die neue Botschaft des Bundesrates zur internationalen Zusammenarbeit der Schweiz sieht zurecht einen stärkeren Fokus auf fragile Staaten vor. Diesen politisch instabilen Ländern wird es auf absehbare Zeit nicht gelingen, ihre Bevölkerung mit einem Minimum an öffentlichen Dienstleistungen zu versorgen. In solchen schwierigen, unsicheren Kontexten sind Monitoring und Wirkungsmessung meist aufwendiger und teurer. Sind Verwaltung und Parlament bereit, solche Zusatzkosten zu akzeptieren? Können sie damit umgehen, dass in einem schwierigen Umfeld voraussichtlich auch mehr Projekte als gescheitert abgeschrieben werden müssen?
  • Wir lernen wohl am besten aus Fehlern. Wie fördern Organisationen der Entwicklungshilfe gezielt eine Fehlerkultur? Bestehen konkrete Anreize, Fehler und Misserfolge offen zu diskutieren anstatt sie schönzufärben? Können DEZA und SECO mit gutem Beispiel voran gehen und regelmässig Bad Practice Seminars veranstalten, in denen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einer konstruktiven Atmosphäre von ihren Fehlüberlegungen, Missgeschicken und daraus gezogenen Lehren berichten?
  • Viele staatliche Entwicklungsagenturen betätigen sich gleichzeitig in nahezu allen Entwicklungsländern und auch noch in den verschiedensten Sektoren, die von Gesundheit über Infrastruktur bis hin zu ländlicher Entwicklung reichen. Das Schweizer Parlament hat immer wieder eine Reduktion der Anzahl Schwerpunktsländer gefordert. Wir fragen uns, ob die Themen- und Ländervielfalt der staatlichen Entwicklungs-agenturen tatsächlich zulasten der Wirksamkeit ihrer Aktivitäten geht. Mit anderen Worten, erhöht eine thematische und regionale Spezialisierung die Wirksamkeit der Hilfe?

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