Korruptionsbekämpfung? Ja, aber bitte nicht auf Kosten Schweizer Firmen

Entwicklungspolitik

Von Men-Andrin Meier Der vom Bundesrat veröffentlichte „Grundlagenbericht Rohstoffe“ beschreibt detailliert, wie Intransparenz im internationalen Rohstoffhandel zu Misswirtschaft und Armut führt. Eine Pflicht zur Offenlegung von Zahlungen an Staaten will man Schweizer Rohstoffhändlern aber dennoch nicht zumuten.

Nach jahrelangem Engagement von Organisationen wie dem Revenue Watch Institute scheint die internationale Politik die Wichtigkeit von Korruptions­bekämpfung in Entwicklungsländern erkannt zu haben. Korruption wird gemeinhin als eine Hauptursache für den sogenannten Rohstofffluch gesehen – das Phänomen, dass rohstoffreiche Länder oft bitterarm sind.  Die riesigen Summen die bei Rohstoffgeschäften umgesetzt werden, können in Ländern mit schwachen staatlichen Institutionen allzu leicht entwendet oder veruntreut werden. Eine grosse Hilfe – und vielleicht sogar eine Voraussetzung dafür – ist dabei die fast komplette Intransparenz der Branche: Niemand weiss genau, welche Firma welcher Regierung wieviel Geld für Lizenzen, Steuern, usw. zahlt.

Die USA und die EU verpflichten Rohstofffirmen zu Transparenz

Genau darauf zielen die jüngsten Anstrengungen, die Rohstoffbranche zu mehr Transparenz zu verpflichten. In den USA verpflichtet der 2010 in Kraft getretene Dodd-Frank Act börsenkotierte Rohstoffunternehmen, Zahlungen an Regie­run­gen offenzulegen. Die EU hat sich diese Woche auf ein ähnliches Gesetz geeinigt. Im vergangenen November hat sich in diesem Zusammen­hang der sonst nicht eben für überschwängliche Regulierungs­freundlichkeit bekannte Britische Premier­­minister David Cameron für griffige EU Transparenz-Regeln ausge­spro­chen.

Die Schweiz scheint indes anders zu ticken. Wenn Glencore-CEO Ivan Glasenberg persönlich das Lobbying übernimmt, scheint hierzulande die Furcht von einer Abwan­derung von Arbeitsplätzen oder von Steuersubstrat das einzige gültige Argument zu sein. Dabei geht es ja keineswegs darum, ein prohibitives Steuerregime oder hohe bürokratische Hürden einzuführen. Die Forderung ist lediglich, dass die Schweizer Unternehmen Zahlen veröffentlichen müssen, welche innerhalb der Unternehmen und in Insiderkreisen ohnehin schon bekannt sind.

Schweizer Transparenzregeln für Handelsfirmen

Bei einer Schweizer Regulierung ginge es allerdings nicht darum, einfach der EU und den USA nachzuziehen. Deren Regulierungen beschränken sich auf Förder­unternehmen; die grossen Handelshäuser, welche den Schweizer Markt domi­nie­ren, wären von einer solchen Regulierung nicht betroffen. Die Geldflüsse zwis­chen diesen Firmen und Staaten sind allerdings kaum geringer als jene zwischen Förderfirmen und Staaten. So fungieren die Handelsunternehmen oft als Zwischenhändler für staatliche Ölfirmen oder als Zulieferer (Trafigura z.B. deckt zur Zeit den gesamten Ölbedarf von Angola). Eine Transparenz-Regelung für Handelshäuser wäre daher genau so wichtig wie jene für die Förderfirmen.

Für die Schweiz gibt es zwei Möglichkeiten. Wir können im Alleingang eine ent­spre­chende Regelung einführen. Wenn das Geschäftsmodel der Handels­häuser nicht vollkommen von schmutzigen Geschäften abhängt, wäre die Schweiz nach wie vor ein höchst attraktiver Firmenstandort. Oder wir können in inter­natio­nalen Gremien die Initiative ergreifen, damit griffige Transparenz­regeln für Rohstoff­handelsfirmen global eingeführt werden. Dies wäre z.B. über die global reporting standards der G-20 oder über ein OECD-Abkommen möglich. Im Bericht des Bundesrats ist indes weder vom einen noch vom anderen die Rede. Die Furcht vor einem auch nur minimalen Verlust an Standortvorteilen lässt jedes Argument ins Leere laufen.

Inkohärente Schweizer Entwicklungspolitik

Als einer der weltweit wichtigsten Rohstoffhandelsplätze, und als Land das sich regelmässig eine humanitäre Tradition auf die Fahne schreibt, steht die Schweiz in der Verantwortung. Die Geldsummen, die durch Rohstoffgeschäfte in Afrika umgesetzt werden, übersteigen Entwicklungshilfe-Gelder um ein Viel­faches. Es ist geradezu zynisch, dass die Schweiz Milliarden für die Entwicklungs­zusammenarbeit aufwendet, in solch grundlegenden Fragen aber nicht einmal zu minimalen Zugeständnissen bereit ist. Es macht keinen Sinn, Regierungen finanziell zu unterstützen, Prinzipien der Gouvernanz und den Kampf gegen Korruption zu lehren, aber den eigenen Firmen Tür und Tor für korrupte Machen­schaften in denselben Ländern zu öffnen.

Men-Andrin Meier ist Doktorand der Geophysik an der ETH Zürich. Er lebt in Zürich und ist aktives Mitglied des foraus-Programms Entwicklung und Zusammenarbeit.

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