Do widzenia euro! Was bringt der Rechtsrutsch in Polen für die Schweiz und die EU?

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Am Sonntag wählten die Polen den Sejm und den Senat. Mit dem Rechtsrutsch ist die Einführung des Euros passé, das Militär und anti-Flüchtlingspolitik en vogue.

 

Polen ist als eines der wenigen Länder ohne grösseren Schaden an seine Wirtschaft durch die Finanzkrise gekommen und gilt als einer der zukünftigen Wirtschaftsmotoren der EU. Seit 2001 wurde Polen durch die Politik der liberal-konservativen Platforma Obywatelska (PO, Bürgerplattform) stark beeinflusst. Die polnische Regierung geriet ab 2014 unter starken Druck, als Mitschnitte von Kabinettsmitgliedern veröffentlicht wurden, die in sehr vulgärer Sprache die nach aussen getragenen Grundsätze der Regierung untergruben. Das Kabinett Tusk überstand im September 2014 eine Vertrauensabstimmung und konnte sich unter der ab September 2014 regierenden Premierministerin der Ewa Kopacz stabilisieren. Die PiS hat gestern einen Erdrutschsieg errungen. Die ersten offiziellen – aber noch unbestätigten – zeigen auf, dass 39 Prozent der Wählenden die PiS gewählt haben.

Bedeutung des Wahlsiegs der PiS für die EU

Anfang Oktober kündigte der Präsident der PiS an, dass einer allfälligen Einführung des Euros in Polen ein Referendum vorangehen müsse. Dieser Frage wichen Donald Tusk und Ewa Kopacz in der Vergangenheit aus, indem sie wiederholten, Polen würde den Euro einführen, sobald die Eurozone wieder stabil sei. Vor wenigen Wochen ergab eine Umfrage in Polen, dass 68 Prozent der Bevölkerung gegen eine Einführung des Euros sei. Es ist gut möglich, dass der Sieg der PiS die Euro-Einführung auf Eis legt. Bedeutender als der Umstand, ob man den Złoty gegen den Euro austauscht, ist aber eine klar euroskeptische Regierung in Warschau. Diese wird versuchen den Einfluss der EU einzudämmen. Es ist gut möglich, dass ein erstarkter Euroskeptizismus in Osteuropa direkten Einfluss auf die Diskussion über den Brexit im Vereinigten Königreich haben wird.

Polens Lage an einem geostrategisch wichtigen Punkt in Europa hat dazu geführt, dass die Regierung Kopacz die Militärausgaben um 0.4 Prozent erhöht hat. Die Kampagne der PiS versprach eine Erhöhung der Militärausgaben auf 2.5 Prozent des BIP. Polens Rüstungsetat im Vergleich zu anderen NATO-Staaten würde sich an zweiter Stelle hinter dem Budget der USA einreihen. Die PiS wird vermutlich den Russland-feindlichen Kurs der PO akzentuieren und zusammen mit den USA für eine verstärkte NATO-Präsenz in Osteuropa weibeln. Dadurch würde ein diplomatischer Kurs mit Russland (welcher von Brüssel und Berlin favorisiert wird) untergraben und es ist gut möglich, dass sich die PiS gegen eine stärkere Integrierung der EU innerhalb der NATO stellen wird.

Nicht zuletzt wird die PiS eine strengere Politik gegen Flüchtlinge fahren. Polen war im September aus der sogenannten Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) ausgeschert und hatte den EU-Quotenbeschluss mitgetragen. Nachdem die Regierung Kopacz zunächst nur die Aufnahme von ca. 2000 Flüchtlingen in Aussicht stellte, ist in Polen nun die Rede von bis zu 12‘000 Flüchtlingen. Dieser Kurswechsel der PO, welcher wohl angesichts der sich abzeichnenden Wahlniederlage erfolgte, wurde vor allem von der PiS auf schärfste kritisiert. Die PiS sprach in Ihrer Kampagne von Verrat an den Bruderstaaten der Visegrád-Gruppe und kündigte an, alles zu unternehmen, um die polnische Souveränität in der Flüchtlingsfrage aufrecht zu erhalten. Es ist somit absehbar, dass die PiS ihren harten Kurs gegen Flüchtlinge akzentuieren wird.

Auswirkungen des Wahlsiegs der PiS auf das Verhältnis zur Schweiz
Die Schweiz steht auf der polnischen Politagenda nicht an obersteter Stelle. Es ist jedoch denkbar, dass ein verstärkter Euroskeptizismus in Polen zu Annäherungen auf parlamentarischer Ebene führt. Ebenfalls eine härtere Gangart gegen Flüchtlinge und eine akzentuierte Debatte über die Souveränität von Staaten könnte die neu gewählten Parlamentsmitglieder und Regierungen aneinander führen. Einzelne Kandidaten der PiS sehen in der Schweiz ein Vorbild, wie eine mögliche Integration Polens in der EU zu gestalten ist.

In der Vergangenheit war allerdings der Entscheid der SNB den Euro-Mindestkurs aufzuheben in Polen stark kritisiert worden. Viele Polen halten Kredite in Schweizer Franken, welche durch den tieferen Frankenkurs für polnische Kreditnehmer teurer geworden sind. Es ist allerdings nicht absehbar, dass der SNB-Entscheid das Verhältnis zu Polen betrübt. Im Internationalen Währungsfond werden sich jedoch die Schweiz und Polen unweigerlich näher kommen, da sich beide Staaten den Sitz im Exekutivrat des IWF ab 2016 im Zweijahresturnus teilen werden, hatte Polen doch im Vorfeld seinen Einfluss in der Stimmrechtsgruppe Helvetistan erhöht.

Polen wird in Zukunft aller Voraussicht nach deutlich euroskeptischer regiert werden. Ob sich hieraus eine direkte Politik Polens gegenüber der Schweiz und eine Politik Polens innerhalb der EU gegenüber der Schweiz herauslesen lassen kann, ist noch schwierig zu sagen. Immerhin lassen sich innerhalb der beiden neuen Parlamente und in den jeweiligen Parteienlandschaften ähnliche Tendenzen feststellen.