Mehr als 50 plus 1: Für ein Generationenmehr

Diplomacy & international actors

Weil Verfassungsänderungen langfristige Folgen haben, müssen all jene Gewicht haben, welche ihre Zukunft noch vor sich haben. Um knappen Entscheiden zusätzliche Legitimität zu verleihen, braucht es neben Volks- und Ständemehr ein Generationenmehr.

 

Demokratie ist mehr als 50+1. Schon heute kennen wir mit dem Ständemehr ein Instrument einer qualifizierten Mehrheit. Gerade in aussen- und migrationspolitischen Fragen sind die Abstimmungsergebnisse äusserst knapp, die langfristigen Folgen der Verfassungsänderungen jedoch gross und oft schwer vorhersehbar. Egal in welche Richtung: um einem Entscheid die bestmögliche Legitimität zu verschaffen, muss er so breit wie möglich abgestützt sein. Darum ergänzt das Ständemehr die Volksmehrheit durch die regionale Dimension und bekundet damit den Respekt vor dem Föderalismus, dem Schweizer Erfolgsmodell schlechthin.

Ausgeklammert bleibt jedoch die Frage der Generationen. Eine sehr wichtige Frage, denn eine Verfassung ist etwas Langfristiges. Sie soll nicht nur heute und morgen, sondern auch in 30 Jahren ihre Gültigkeit haben. Verfassungsänderungen müssen von allen Generationen getragen werden – mit besonderem Fokus auf jenen, welche in der Zukunft mit den positiven wie negativen Folgen leben müssen. Ein Generationenmehr erhöht nicht nur die Legitimation, sondern drückt zusätzlich die Wertschätzung vor der jungen Generation und damit Zukunftsoptimismus aus.

Grossmutter vs. Sohnemann?

Wie lässt sich das Generationenmehr umsetzen? Indem die stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger in fünf Altersklassen einteilt werden und  von denen mindestens drei einer Initiative mehrheitlich zustimmen müssen. Entgegen der Unsitte, jedes Detail in die Verfassung zu schreiben, lässt sich über die genaue Einteilung reden, doch man stelle sich zum Beispiel die Kategorien 18-29, 30-41, 42-53, 54-65 und 66+ vor.

Führt das Generationenmehr zum Generationenkonflikt Jung gegen Alt, bei welchem die mittlere Generation das Zünglein an der Waage spielt? Nicht zwingend. Genauso gut können Sohn (22), Vater (59) und Grossmutter (88) gemeinsam für oder gegen eine Vorlage einstehen oder mitten im Berufsleben stehende Generationen sich gegen Auszubildende, Studierende und Pensionäre wenden. Initiativbefürworter und -gegner müssen alle Altersgruppen mit spezifischen Botschaften ansprechen, was insbesondere für die Jugendpartizipation nur positive Folgen haben kann. Die Stimme der Jungen könnte so nicht mehr ohne Folgen überhört werden.