«Human Rights and Business» – Verantwortung von allen

Selbstverantwortung seitens Verbraucher- als auch Unternehmen funktioniert nicht. So kommt es weltweit immer noch zu Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen. Es braucht neue Anreizsysteme, verstärkte Bemühungen nationaler Regierungen und multilateraler Organisationen. Im Rahmen des internationalen Menschenrechtstags hat sich foraus die folgende Frage gestellt: «Human Rights and Business – Ist ein Einklang möglich?». Mit der Methode Policy Kitchen wurde über die vergangenen Wochen Ideen und Lösungsansätze erarbeitet, die hier zusammengefasst aufgeführt werden. 

 

Hintergrund

Heute ist internationaler Menschenrechtstag. Am 10. Dezember erinnert die Welt an den Tag, an dem die Generalversammlung der Vereinten Nationen 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedete – ein richtungsweisendes Dokument. 2019, 71 Jahre später, ist die Frage der Menschenrechte nach wie vor von höchster Relevanz. Mit der fortschreitenden Globalisierung müsste auch die Verantwortung von Unternehmen wachsen, doch viele buzzwords lassen die Alarmglocken läuten: schlechte Arbeitsbedingungen, Löhne unter dem Existenzminimum, moderne Sklaverei, Klimagerechtigkeit – die Liste ist lang!

Nach internationalem Recht haben Unternehmen keine verbindlichen Verpflichtungen, die Menschenwürde zu achten. Der Druck durch KonsumentInnen, Zivilgesellschaft, staatliche Akteure und konkurrierende Unternehmen ist in den letzten Jahren jedoch stark angestiegen. Eine zunehmende Anzahl von Unternehmen nimmt ihre Verantwortung ernst und bemüht sich, Menschenrechtsverletzungen nachzugehen oder diese vorzubeugen. Auch das diesjährige UN Forum on Business and Human Rights befasste sich unter dem Titel «Time to act: Governments as catalysts for business respect for human rights» mit der Verantwortung nationaler Regierungen zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen durch Firmen. Dies ist jedoch keine einfache Aufgabe, zumal die Produktionsketten sehr komplex sind. Der Diskurs wird zumeist polarisierend geführt, mit Unternehmen auf der einen Seite und MenschenrechtsverteidigerInnen auf der anderen.

In den vergangenen Wochen hat foraus mit der Methode Policy Kitchen eine Plattform für einen konstruktiven Dialog geschaffen. Die Frage «Business & Human Rights – Ist ein Einklang möglich?» wurde an vier interaktiven Workshops in Basel (30.10.2019), Neuenburg (4.11.2019), St.Gallen (11.11.2019) und Genf (13.11.2019) in Begleitung von ExpertInnen mit dem Publikum diskutiert. GastrednerInnen haben jeweils zuerst kurze thematische Inputs geliefert und zusammen mit dem foraus-Team die TeilnehmerInnen bei der Entwicklung von innovativen Vorschlägen betreut.

Im Anschluss konnten die Ideen von den TeilnehmerInnen online bis zum 14. November weiter ausgearbeitet werden. Ein Moderationsteam zusammengesetzt aus LeiterInnen von drei foraus-Programmen (Diplomatie und Internationale Akteure, Völkerrecht sowie Frieden und Sicherheit) begleitete den Online-Prozess.

 

Ergebnisse

Die gut zwei dutzend Beiträge der knapp 50 TeilnehmerInnen der Policy Kitchen Challenge decken ein breites Spektrum an innovativen Lösungsansätzen ab. Neben der Förderung von Selbstregulierungsmechanismen auf der Angebots- als auch Nachfrageseite, wurde auch die Unterstützung von Betroffenen und lokalen Akteuren sowie die Rolle multilateraler Plattformen hervorgehoben. Ein Lösungsvorschlag um Menschenrechte und Business in Einklang zu bringen ist, die Produktionskette für die Konsumenten transparenter zu machen. Unter anderem wurden die Einführung verschiedener Indizes vorgeschlagen, um die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren. In diesem Kontext kam auch die Idee einer App auf, durch die KonsumentInnen direkt beim Kauf eines Produkts mit Hilfe eines QR-Codes prüfen können, welche Menschenrechtsstandards bei der Produktion eingehalten wurden. Es wurde auch mehrfach die Idee aufgebracht, mit InfluencerInnen zu arbeiten. Diese können VerbraucherInnen für die Thematik sensibilisieren und KonsumentInnen können wiederum Druck auf InfluencerInnen ausüben, sodass diese bevorzugt mit Firmen zusammenarbeiten, die gute Index-Ergebnisse haben. Der Erhalt von InfluencerInnen als Marketingtool wäre ein zusätzlicher Anreiz für Firmen auf die Einhaltung von Menschenrechten zu achten.

Neben der Selbstregulierung der Konsumenten wurde auch vermehrt die Wichtigkeit der Selbstregulierung auf Unternehmensseite betont. Die Konsultation einer externen Ethikkommission solle der Überprüfung von Menschenrechtsverletzungen dienen und könnte beispielsweise existenzsichernde Löhne entlang der gesamten Produktionskette sicherstellen.

Auch die Regulierung auf der Angebotsseite auf multilateraler Ebene wurde thematisiert. Eine Arbeitsgruppe sah die Lösung in der Reform der WTO mit dem Ziel, dass Menschenrechte in internationalen Freihandelsabkommen einen grösseren Stellenwert bekommen. Um lokale Akteure und betroffene Gemeinschaften zu stärken wurde vorgeschlagen, dass man ihnen vermehrt Anteile an Exportfirmen übertragen solle. Durch den grösseren Einfluss auf Entscheidungsmechanismen würden sie somit gestärkt werden. Betont wurde auch die Wichtigkeit des Zugangs zu wirksamen rechtlichen Instrumenten für Geschädigte in Produktionsländern.

 

Ausblick

VerbraucherInnen und Firmen müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden und auch vermehrt zur Rechenschaft gezogen werden. Es liegt im Interesse und ist die Verantwortung aller, dass die Menschenrechte entlang der gesamten Produktionskette eingehalten werden. Die bisherigen Ideen Ansätze sind vielversprechend und laden dazu ein, noch weiter ausgearbeitet zu werden.

 

Die online Diskussion moderierten Kevin Karlen und Matthias Rast (Völkerrecht), Julia Hofstetter (Frieden & Sicherheit) und Anna Greipl (Diplomatie & internationale Akteure).  Ein besonderer Dank geht an Julia und Matthias für die Unterstützung der Bearbeitung dieses Blogs.