Der Atom-Deal mit Teheran: eine Hochzeit mit Hürden

Einige reiben sich bereits voller Vorfreude die Hände, andere macht es wiederum nervös: Mit dem Atom-Deal ist das Ende der Sanktionen in Sicht und es wird sich eines der ölreichsten Länder dem Markt öffnen. Die Feier wird gross. Doch was geschieht danach?

 

Die Einigung im Atomstreit scheint greifbar. In nächtlichen Verhandlungen wollen die Beteiligten Staaten mit dem Iran die UN-Vetomächte sowie Deutschland (5+1) und Teheran in Wien das Abkommen besiegeln. Sie sind zuversichtlich, dass eine Einigung zustande kommt und in der Tat zeigen sich kontinuierlich Fortschritte in den Verhandlungen. Dem Iran wurde eine zügige Aufhebung der Sanktionen zugesichert, wogegen Teheran neben den nuklearen Anlagen auch einer lange verweigerten Inspektion iranischer Militäranlagen durch die internationale Atomenergie-Organisation IAEO zugestimmt haben soll.

Zu Beginn des Wochenendes wurde gleichzeitig die Frist für eine endgültige Übereinkunft im Atomstreit erneut verlängert, um mehr Zeit für die andauernden Verhandlungen über eine langfristige Lösung in der iranischen Atomfrage zu schaffen. Eine nochmalige Fristverlängerung ist für die US-Regierung allerdings ein innenpolitisches Problem. Sie wollte eigentlich bis Donnerstag um Mitternacht fertig werden und das erzielte Abkommen dem Parlament vorlegen. Nun verlängert sich die Prüffrist des Kongresses von 30 auf 60 Tage wegen der  Sommerpause. Sanktionen können während dieser Zeitspanne nicht aufgehoben werden.

Durchsetzbar?

Angenommen, die Einigung kommt tatsächlich zustande, bleibt die Frage der Durchsetzbarkeit: Weshalb würde ein souveräner Staat uneingeschränkten Zugang zu seinen Militäranlagen zulassen? Kein Staat, der nicht entweder durch eine Besatzungsmacht kontrolliert wird oder einer tödlichen Kriegsbedrohung gegenübersteht, würde dem zustimmen. Die Erfahrung mit den UNSCOM Inspektionen im Irak zeigte zumal, dass bereits bei der Möglichkeit über das geheime Bestehen von unerlaubtem Waffenmaterial dies der CIA gemeldet und im Jahr 2003 als Grund genug angesehen wurde, vorsorglich und nach herrschender Meinung völkerrechtswidrig in den Irak einzumarschieren. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Teheran dem offen gesagt ziemlich intrusiven Inspektionsregime der IAEO tatsächlich wie vereinbart seine Tore öffnet, um den schon seit über 30 Jahren andauernden Sanktionen, die Irans Energiesektor wesentlich angegriffen und dessen Ölexporte drastisch beschränkt haben, ein Ende zu bereiten, ist ein unmittelbarer Sanktionsrückgang bei Weitem noch nicht in Sicht.

Im Land selbst hofft die Bevölkerung, dass der lange gemiedene persische Öl-Gigant gleich am Tag des Deals den globalen Energiemarkt erobert. U.S. Ölproduzenten fürchten derweil, dass eine zu rasche Sanktionsbeseitigung ein Überangebot des iranischen Öls auslösen könnte, was die sonst schon tiefen Ölpreise weiter senken könnte. Präsident Barack Obama stellte mehrmals klar, dass dies nicht der Fall sein könne, denn Teheran werde erst durch wirtschaftliche Lockerungen belohnt, wenn es im Verlaufe der Zeit die vereinbarten Bedingungen erfüllt. Aufgrund des noch bestehenden Sanktionsrisikos wird es zudem Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis westliche Unternehmen sich trauen, in die iranische Wirtschaft zu investieren. Das Risiko, ob sich Teheran nun an die Vereinbarung hält oder nicht, und ob Sanktionen dennoch zurückschnappen könnten, bleibt für ausländische Investoren noch schlicht zu hoch, bis Teheran seine ernsthafte Bindung unter Beweis gestellt hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Iran gleich nach dem Deal von einer Flut von Investoren überwältigt wird, bleibt somit eher gering.

Nüchtern bleiben

Am 2. April 2015 hatte der iranische Präsident Hassan Rouhani das Versprechen seines Landes wie folgt umschrieben: „Any promises we give will be within framework of our national interests and we will live up to our promises provided that the opposite side abides by its promises as well“. Das Einhalten der Zusicherungen beider Parteien hängt demnach von gegenseitigem Respekt und Vertrauen ab, nur dass sowohl jenes als auch dieses seit 1979 auf Eis lagen und erst kürzlich ihren ersten Frühling erlebten. Es wäre töricht zu glauben, das historische Misstrauen zwischen den Parteien sei bereits bereinigt worden. Nur die langfristige Zusammenarbeit und Durchhaltevermögen beider Parteien können eine schnelle Ehekriese verhindern. Unmittelbar nach der Feier wird uns darum die Nüchternheit schnell wieder eingeholt haben.