«Treibhausgase, Stürme, Überschwemmungen und Dürren kennen keine Grenzen»: Interview mit Martina Volpe Donlon

Diplomatie & acteurs internationaux

Anlässlich des 75-jährigen Bestehens der UNO veröffentlicht der forausblog zusammen mit der Gesellschaft Schweiz-ONU (GSUN) und cinfo eine Blogserie über Schweizer Stimmen des Multilateralismus. Mit Interviews, die von jungen Autoren geführt werden, will der forausblog den Schweizerinnen und Schweizern, die im Kontakt mit der UNO-Welt stehen, eine Stimme geben.

Im vorliegenden Interview berichtet Martina Volpe Donlon von ihrer aktuellen Position als Leiterin der Klimakommunikation bei der UNO in New York. In Bern aufgewachsen, träumte sie davon Journalistin zu werden. Nach ihrem Studium in Internationalen Beziehungen in Genf und Boston arbeitete sie bei der Neuen Zürcher Zeitung sowie beim Wall Street Journal. Danach war sie beim Schweizer Generalkonsulat in New York als stellvertretende Kulturattaché tätig und arbeitete anschliessend als Sonderassistentin des Schweizer UNO-Botschafters Jenö Staehelin. Ihren Einstieg bei der UNO machte sie vor 14 Jahren.

Ladina & Resmy:  Sie sind Leiterin der Sektion Klimakommunikation bei der UNO in New York. Welcher Weg hat Sie zu dieser Berufung geführt und was fasziniert Sie daran?

Martina Volpe Donlon: Ich bin auf eher indirektem Weg zur UNO gekommen. Mein Kindheitswunsch war es Journalistin zu werden, am liebsten Aussenkorrespondentin. Nach meinem Studium arbeitete ich dann auch für Zeitungen in Zürich, Boston und New York. In New York kam ich zum ersten Mal direkt in Kontakt mit der UNO und war fasziniert. Die Kombination von internationalen Angelegenheiten und Kommunikations- und Medienarbeit fand ich perfekt. Ich begann im UNO-Kommunikationsdepartement im Bereich Nachhaltige Entwicklung, wechselte dann zur Sektion Menschenrechte, und leite nun seit Februar die Klimakommunikation.

Ich muss sagen, dass mich die Klimathemen bislang am meisten faszinieren. Es geht nicht nur um Umwelt, sondern auch um politische, wirtschaftliche, soziale und technologische Herausforderungen. Letztendlich geht es auch um Gerechtigkeit. Diejenigen Länder, die am wenigsten zum Problem beigetragen haben, sind auch diejenigen, welche am schwersten von der Klimakrise betroffen sind. Treibhausgase, Stürme, Überschwemmungen und Dürren kennen keine Grenzen. Der Klimawandel ist ein globales Thema, wobei die UNO als multilaterale Organisation eine unersetzliche Rolle spielt.

Bei Klimakommunikation denkt man an ein breites Spektrum von Tätigkeiten. An welchen Projekten arbeiten Sie?

Thematisch arbeite ich daran, den dringenden Handlungsbedarf in drei Bereichen der Klimapolitik an ein breites Publikum zu kommunizieren: Erstens, die Reduktion der Treibhausgase, um einen weiteren Anstieg der globalen Temperatur zu verhindern. Der zweite Schwerpunkt dreht sich um die Anpassungen an den Klimawandel, um zukünftige Schäden zu minimieren. Dazu gehören beispielsweise Frühwarnsysteme, zuverlässiger Küstenschutz oder Änderungen in der Landbewirtschaftung. Der dritte Schwerpunkt widmet sich dem finanziellen Aspekt. Alle Massnahmen zur Minderung der Treibhausgase und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels erfordern Geld. Entwicklungsländer sind dabei besonders auf die Unterstützung der Industrieländer angewiesen.

Auf praktischer Ebene bedeutet dies, dass wir zu diesen Themen Pressemitteilungen schreiben, Medieninterviews durchführen und Textinhalte sowie Grafiken und Multimedia-Produkte für Webseiten und soziale Netzwerke kreieren. Zusammen mit unseren Partnern auf der ganzen Welt versuchen wir so die relevanten Entscheidungsträger wachzurütteln.

Im November werden sich die Vertragsstaaten der UNO-Klimarahmenkonvention zur 26. Klimakonferenz treffen. Was sind Ihre Erwartungen für diese Konferenz?

Der kürzlich veröffentlichte IPCC-Klimabericht machte ganz klar, wie dringend Klimaschutzmassnahmen umgesetzt werden müssen. Die bevorstehende Konferenz in Glasgow muss ein Wendepunkt sein – weg von fossilen Brennstoffen, hin zu einer sauberen Zukunft, mit finanzieller Unterstützung für die am meisten betroffenen Länder. Wirksamer Klimaschutz kann nur gemeinsam auf internationaler Ebene gelingen.

Bei Klima- und Umweltthemen geht es bekanntlich nur schleichend voran. Wie bleiben Sie dennoch motiviert für Ihre Arbeit?

Tatsächlich erfolgt der Fortschritt auf politischer Ebene nur sehr langsam. Andererseits ist der Klimaschutz ein Bereich, in welchem es unheimlich viel Innovation and Momentum gibt, vor allem auf subnationaler Ebene. Hierzu zählen hunderte von Unternehmen, die sich öffentlich verpflichten, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null zu reduzieren. Auch Banken und Investoren richten ihre Anlagen immer mehr nach ökologischen Kriterien aus. Städte weltweit entwickeln ehrgeizige Klimaschutzkonzepte, zum Beispiel verbieten sie Dieselfahrzeuge, pflanzen Bäume an, und stellen auf Wind- und Solarenergie um. Die wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels sind klar, die Lösungen sind ebenfalls bekannt, deshalb bleibe ich motiviert und optimistisch.

Was empfehlen Sie jungen Menschen, die sich auch für eine Laufbahn bei der UNO interessieren?

Das Young Professionals Programm ist eine der besten Einstiegsmöglichkeiten für Leute unter 32. Ich kam selbst durch dieses Examen zu meinem UNO-Job. Es gibt aber auch andere Einstiegsmöglichkeiten, und zuerst anderswo etwas Berufserfahrung zu sammeln, ist gar nicht schlecht. Im Kommunikationsbereich zum Beispiel ist es sehr hilfreich, journalistische Erfahrung mitzubringen. Was ich an meinem Beruf am besten mag, ist, dass ich mit Kollegen und Kolleginnen aus 193 Ländern arbeite – und dass ich in 14 Jahren noch nie einen langweiligen Tag hatte. Ich lerne jeden Tag etwas dazu.