Stromkrieg – was uns ein Blick in die Vergangenheit lehrt

Environnement, transports et énergie

Von Kathrin Volkart, David Noth und Stephan SchnezDer momentan diskutierte Umbau der Stromversorgung ist einmalig in der Geschichte der Energieversorgung und wird bis ins 22. Jahrhundert von Relevanz sein. Die Schweiz hat hierbei das Potenzial, als Vorreiter die zukünftige Strompolitik Europas mitgestalten zu können.

Um 1890 herrschte in den USA Krieg – kein Unabhängigkeits- und kein Bürgerkrieg sondern vielmehr der sogenannte Stromkrieg. Protagonisten der beiden verfeindeten Lager waren die genialen Erfinder Thomas Alva Edison auf der einen und George Westinghouse sowie Nikola Tesla auf der anderen Seite.

Der Stromkrieg war die erste wirtschaftliche Auseinandersetzung um einen technischen Standard. Streitpunkt war die Stromübertragung in Netzen mit Hilfe von Gleich- oder Wechselstrom. Thomas Alva Edison favorisierte den Gleichstrom, während seine Kontrahenten sich für den Wechselstrom stark machten. Die Entscheidung im Stromkrieg fiel dann aber auf dem alten Kontinent: Anlässlich der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt wurde 1891 die Übertragung elektrischer Energie mittels Wechselstrom von Lauffen nach Frankfurt demonstriert. Dies bewies die technologische Machbarkeit und wirtschaftliche Überlegenheit des Wechselstroms gegenüber dem Gleichstrom und entschied damit den Stromkrieg.

Vor 120 Jahren wurde die Grundlage für die noch heute existierende Strominfrastruktur gelegt! Schauen wir 120 Jahre nach vorne ins Jahr 2135: Wir wissen nicht, wie die Welt dann aussehen wird. Allerdings wird die Menschheit aufgrund der zur Neige gehenden fossilen Energieträger vermehrt auf erneuerbare Energien umsteigen müssen – unabhängig von jeglicher Klimaproblematik. Momentan wird in der Schweiz und manch anderen Ländern Europas ein Umbau der Strom- und Energieversorgung diskutiert, wie es ihn noch nie gab. Der Blick zurück lehrt uns, dass die heutigen Entscheidungen noch für über 100 Jahre von Relevanz sein werden – der Blick nach vorne zeigt uns:

Energiepolitik ist wahre Zukunftspolitik!

Unsere heutigen Entscheidungen dürfen daher nicht auf kurzfristigen Überlegungen und Interessen basieren. Die Einbindung erneuerbarer Energien in die Energieversorgung macht eine grundlegende Weiterentwicklung des Stromnetzes notwendig. Zudem ist die Standortfrage für Kraftwerke erneuerbarer Energien sehr wichtig, da sie in grossem Masse von äusseren Witterungsbedingungen wie Sonne und Wind abhängig sind. Windkraftanlagen werden z.B. in der windarmen Schweiz generell nie von grosser Bedeutung sein. Die zukünftige Energieversorgung ist daher eine internationale Fragestellung: Die Schweiz kann innerhalb von Europa keinen Alleingang vollziehen. Eine Energieautarkie gab und gibt es für die Schweiz nicht!

Es braucht daher eine Stromstrategie, die nationale Grenzen überschreitet, so dass Stromerzeugung und –speicherung dort stattfinden können, wo optimale Voraussetzungen für die jeweilige Technologie herrschen. Eine gesamteuropäische Stromstrategie ist somit wünschenswert und zukunftsorientiert, wie in dem foraus-Diskussionspapier „Jenseits von Nuklear“ dargelegt wird! Als ersten Schritt dahin sollte die Schweiz daher mit anderen ambitionierten Ländern eine Vorreiterrolle einnehmen und die künftige Entwicklung hin zu einer gemeinsamen europäischen Stromzukunft mitgestalten.

Kathrin Volkart ist Umwelt- und Energiewissenschaftlerin und lebt in Zürich. Sie setzt sich beruflich mit Energiesystemen auseinander. David Noth ist promovierter Physiker und lebt in Bern. Er arbeitet bei einer internationalen Rückversicherung. Stephan Schnez ist promovierter Physiker und lebt in Zürich. Er arbeitet am Forschungszentrum eines internationalen Elektrotechnikkonzerns. Alle Autoren engagieren sich bei foraus im Programm „Umwelt, Verkehr und Energie“.

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