#OSCEMC14: Grundlegender Konsens und eine fehlende Erklärung

Paix et sécurité

foraus war am diesjährigen Ministerratstreffen der Organisation für Sicherheit und Kooperation in Europa (OSZE) vom 4.-5. Dezember in Basel dabei. Eine Bilanz des Schweizer Vorsitzes.

 

Der Messeplatz in Basel wurde für drei Tage zur Hochsicherheitszone: schwerbewaffnete Polizisten kontrollierten die Zugänge und Puma-Helikopter der Schweizer Armee kreisten über dem Gelände. Im Messegelände selber ging es dann etwas gemächlicher zu und her. Als NGO-Vertreter bekamen wir unseren eigenen Arbeitsraum im Medienzentrum und Zugang zur Eröffnung– und Abschlusssitzung des Treffens sowie zu den Medienkonferenzen des diesjährigen Vorsitzenden Didier Burkhalter und des OSZE Generalsekretärs Lamberto Zannier als auch von Aussenministern wie Frank-Walter Steinmeier oder Sergej Lawrow.

Der OSZE Ministerrat kann unter folgenden Punkten zusammengefasst werden:

1. Lob für Schweizer Vorsitz:
Die Schweiz startete ihr Jahr als Vorsitzende der OSZE mit einem ambitionierten Programm. Im Zentrum des Programmes standen die folgenden Ziele: Sicherheit und Stabilität fördern; Lebensbedingungen der Menschen verbessern; Handlungsfähigkeit der OSZE stärken. Schnell wurde die Aufmerksamkeit der Task Force und des Vorsitzenden Didier Burkhalter jedoch von den Ereignissen in der Ukraine vereinnahmt. Gewisse Schwerpunkte wie der Umgang mit Naturkatastrophen oder die Versöhnung auf dem Westbalkan rückten etwas in den Hintergrund. Die versammelten Mitgliedsstaaten in Basel wurden nicht müde, dem Schweizer Vorsitz und auch Bundespräsident Burkhalter persönlich für den grossen Einsatz und die effiziente Krisenvermittlung in der Ukraine zu danken.

2. Konsens zur Ukraine-Krise und doch kein Konsens:
Die Mehrheit der Wortmeldungen der Delegationen während des Ministerrates verurteilten Russlands Vorgehen in der Ukraine und die illegale Annexion der Krim. Gleichzeitig scheiterte der Versuch eine gemeinsame Erklärung zur Ukraine-Krise zu verabschieden. Das Hindernis war natürlich Russland, welches seine Stimme verweigerte und somit einen Konsens vereitelte. Der Graben zwischen Ost und West, allen voran zwischen Russland und den USA ist keineswegs kleiner geworden, auch wenn sich die Aussenminister Kerry und Lawrow zu einem einstündigen bilateralen Gespräch trafen. In der Abschlussdiskussion wurden die verhärteten Fronten nochmals durch Wortmeldungen der Delegationsführer bestätigt.

3. Zukünftige Führung der OSZE:
Die Nachfolge Serbiens als Vorsitzland der Organisation wurde erfolgreich geregelt. Die im Vorfeld bekannten Kandidaturen von Deutschland für 2016 und Österreich für 2017 wurden gutgeheissen. Somit führen nach dem Doppelvorsitz Schweiz-Serbien zwei Länder die OSZE, welche sehr eng mit den Prinzipien der Organisation verbandelt sind. Die Kandidatur des politischen Schwergewichtes Deutschland zeugt zudem davon, dass der OSZE wieder mehr Bedeutung zugemessen wird.

4. Reflexionsgruppe zur Zukunft der OSZE:
Die vom Schweizer Vorsitz vorgeschlagene Einsetzung einer Expertengruppe, einem Panel of Eminent Persons, wurde von den meisten Staaten positiv aufgenommen. Die Expertengruppe unter Führung des deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger soll sich Gedanken machen wie die europäische Sicherheit auch in Zukunft als ein gemeinsames Projekt gefestigt werden kann. Die meisten Staaten, Deutschland und Russland inklusive, haben sich positiv zu dieser Idee geäussert. Trotz grossflächiger Unterstützung wurde diese Idee nicht vom Plenum verabschiedet und wird deshalb als ein Projekt des Schweizerischen OSZE-Vorsitzes eingesetzt.

5. Zahlreiche Erklärungen:
Auch wenn keine Erklärung zur Ukraine-Krise zustande kam, waren die Delegationen nicht untätig. 20 Erklärungen in allen drei Dimensionen der OSZE (politisch-militärische, wirtschaftliche und menschliche) kamen zustande. Darunter eine Erklärung zur Bekämpfung des Terrorismus, eine zu den Foreign Terrorist Fighters, zur Prävention der Korruption und zur Bekämpfung von Antisemitismus sowie ein Entscheid zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen. Die Jugend war während des Schweizer Vorsitzjahr ein wichtiger Fokus. Die von der Schweiz einberufene Modell-OSZE mit 57 „Jugend-Botschaftern“ verabschiedete einen Aktionsplan der allen Delegation verteilt wurde. Die Erklärung über die Jugend wurde ebenso angenommen. Für die Verabschiedung einer Entscheidung zur Verhinderung von Folter konnte leider kein Konsens gefunden werden.

6. Bilanz in Zahlen:
2014 war ein bewegtes Jahr und der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter sehr aktiv unterwegs. In seiner Funktion hielt Burkhalter ungefähr 100 Reden, davon 66 mit Bezug zur Ukraine-Krise. Die OSZE Task Force, geführt von der Botschafterin Heide Grau, umfasste ein 20-köpfiges Team. 62 Personen stark war die Delegation der Schweiz im Ministerrat. Für die Durchführung des Grossanlasses in Basel wurden ca. 18 Millionen CHF bereitgestellt, wovon der Kanton Basel-Stadt 2 Millionen übernahm. 53 Minister waren dabei, soviel wie noch nie, und ungefähr 1300 Delegierte sowie über 200 Medienschaffende. Über 1‘000 Polizisten und 3‘600 Armeeangehörige waren für die Sicherheit zuständig.

Insgesamt kann der Schweizer OSZE-Vorsitz als ein Erfolg angesehen werden. Die gute Führung der Schweiz und ihrem Vorsitzenden Didier Burkhalter und deren Bemühungen in der Ukraine-Krise verhalfen der Organisation aus ihrem Schatten zu treten. Leider bedurfte es einer Krise und einer Destabilisierung der europäischen Sicherheit um die OSZE wieder zu mehr Relevanz zu führen. Doch scheint bei den Mitgliedsstaaten der Wille hier zu sein, der Organisation wieder mehr Gewicht zu verleihen. Dass der Vorsitz bis und mit 2017 geregelt ist, kann ebenso als ein Erfolg angesehen werden. Auch wenn Bundespräsident Burkhalter müde aussah, was aufgrund des intensiven Programmes während des gesamten Jahres nicht verwunderlich ist, war er an der finalen Pressekonferenz gut aufgelegt. Der Schweizer Vorsitz war nicht nur für die OSZE ein Glücksfall, sondern auch für die Schweizer Diplomatie.

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